Die Rückkehr des verlorenen Sohnes

von "Unbekannt"

Theokratische Fassung

Es sei erlaubt, hier eine an der Praxis der Wiederaufnahmeverfahren unter Jehovas Zeugen ausgerichtete »theokratische« Fassung vorzustellen:

Man sah ihn kommen und wartete, bis er da war; nachdem er seinen Wunsch um Rückkehr ins Elternhaus geäußert hatte, wurde ihm erklärt: So wie du bist, verdreckt, zerlumpt, stinkig, noch von den Schweinen beschmutzt, kannst du hier nicht herein; säubere dich erst einmal durch Werke der Reue und ziehe andere Kleidung aus guten Taten an, und dann komm wieder.

Dann werden wir darüber sprechen, eine Besprechung abhalten; dann kannst du ins Haus kommen; aber setze dich bitte unauffällig in die Ecke und rede nicht mit den Hausbewohnern, damit wir deine Demut sehen. Es ist ihnen auch übrigens verboten, dich zu grüßen oder mit dir zu sprechen. Bringe sie also nicht in Verlegenheit!

Und nach einer gewissen Zeit werden wir dir bei einer entsprechenden Beurteilung unsererseits erlauben, dich wieder zur Familie zu zählen; aber deine frühere Stellung kannst du nicht wieder erhalten; vor allem erwarten wir, dass du dich dem Verwalter und seinen Beauftragten wie auch allen Regeln genauestens unterwirfst; deine Taten werden auch nicht vergessen; vielmehr werden wir die Unterlagen darüber noch jahrelang aufbewahren.

Wir freuen uns natürlich, wenn du zurückkommen willst, aber zuerst einmal strenge dich an und erfülle die Voraussetzungen; so einfach, wie du dir das vorgestellt hast, geht es nicht, denn schließlich müssen wir unser Haus rein erhalten!

(So ist mir die theokratische Verfahrensweise seit vielen Jahren bekannt; sollte jemand eine andere Weise kennen, wäre ich für eine Information dankbar).

Biblische Fassung

Fahren wir nun in der biblischen Fassung fort, die ein wenig verschieden davon ist. Der Vater sah den Sohn von Ferne und es jammerte ihn. Ja, wir brauchen uns als Sünder nicht zu scheuen, vor Gott zu erscheinen und die Wahrheit zu bekennen; Jesus starb für Sünder, nicht für (Selbst-)Gerechte! "Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und er hilft denen, die zerschlagenen Geistes sind" (Psalm 34:19).

Der Vater lief dem Sohn entgegen; er verlangte nicht zuerst Taten der Reue, Reinigung, Isolation aus Demut, Bewährung oder gar Rückkehr zu einer Organisation, verbunden mit aktenmäßiger Erfassung aller Umstände und deren Aufbewahrung, wie es in totalitären Systemen üblich ist; nein die Gnade kam zuerst, war schon da! Der Vater wie auch die Gnade ließen sich nicht abschrecken vom Äußeren und Inneren; Jesus hat nie etwas anderes verlangt als Umkehr zu ihm! Manche sagen: Erst musst du dein Leben in Ordnung bringen, es heiligen. Nein, erst kommt die Umkehr zu Jesus, die Rechtfertigung aus Gnade, die Sohnschaft in der Familie Gottes, dann bewirkt die selbe Gnade auch unsere Heiligung.

Der Vater umarmte und küsste den Sohn: Am Anfang stand die Gnade! Dann legte der Sohn sein Bekenntnis ab. Das war wichtig! Er hätte ja auch denken können: Der Vater ist gnädig, also schweige ich, und alles ist in Ordnung! So schlimm war es ja wohl nicht mit dem bisschen Sünde! Ich habe doch auch noch etwas Stolz, etwas Eigenliebe!

Doch das hätte einen ganz verkehrten Herzenszustand geoffenbart! Seine Schuld wäre immer noch zwischen ihm und dem Vater verblieben; es wäre kein wirklicher Friede zwischen ihnen gewesen. Man kann auch auf diese Weise »umkehren«, und manche tun es; aber es ist keine echte Umkehr in das Vaterhaus! Das Sündenbekenntnis des Sohnes war notwendig! Es war das Zeichen einer rechten Herzensumwandlung! Wenn unser Leben wirklich neu werden soll, dann müssen wir erkennen und bekennen, dass wir vor Gott gesündigt haben!

Interessant ist jedoch, dass der Sohn einen Satz seines Bekenntnisses, das er vortragen wollte, nun weglässt; er wollte ursprünglich sagen: "Mache mich zu einem deiner Tagelöhner". In diesem Satz schwang immer noch die Sorge um sein Geschick mit; doch nun, beim Vater, lässt er diesen Satz weg; er vertraut völlig dem Vater, überlässt es völlig ihm, was mit ihm selbst geschehen soll. Hier kommen Glaube und Vertrauen in die Gnade des Vaters zum Ausdruck.

Der Vater nimmt den Sohn ins Haus, ruft die Knechte – manche deuten sie als die Engel – und lässt dem Sohn drei Dinge bringen:

  1. Ein Festgewand – nicht ein Flickengewand eigener Leistungen, sondern das Festgewand der Gerechtigkeit Christi, mit dem alle Kinder Gottes bekleidet werden, das Gewand der Gerechtigkeit, die Jesus für uns durch seinen Tod erworben hat
  2. Den Ring der Sohnschaft als freies Kind der Familie Gottes
  3. Schuhe als Zeichen seiner Stellung, denn Sklaven trugen keine Schuhe, Schuhe für einen neuen Wandel als Mitglied der Familie Gottes

Anschließend wird noch ein Festmahl gehalten mit Musik und Tanz, und alle – auch die Knechte – freuen sich, so wie Jesus dies auch in Lukas 15:7+10 gesagt hat. Festfreude statt Probezeit, Gnade statt Bewährung. Und dieses Festmahl, das ist die Verheißung des Wortes Gottes, wird sich im Reich Christi noch fortsetzen. Wenn dem nicht so wäre, dann wären wir die Elendsten unter allen Geschöpfen (1. Korinther 15:19). Aber Gott sei Dank für sein zuverlässiges Wort!

Der Vater nennt nun auch den Grund für die Freude: Dieser mein Sohn war tot, ist jetzt lebendig geworden, war verloren, wurde gefunden Der natürliche Mensch ist vor Gott tot (Epheser 2:1+5), verloren! Er sieht weder die Heiligkeit Gottes noch die Liebe Jesu, noch hört er dessen Stimme.

Doch Jesus sucht seine Nachfolger; Paulus sagte: "Nun sind wir denn gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir im Glauben den Zugang haben zu dieser Gnade (Römer 5:1-3). So sind auch wir gefunden worden, leben aus Gnade! Und auch die Freude kam, so wie schon Jesaja sagt: "Ich freue mich im Herrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott" (Jesaja 61:10). Und Jesus versichert uns, dass auch im Himmel Freude herrscht über jeden, der zum Vater zurückkehrt!

Der Sohn war also zurückgekehrt; bestimmt war er auch in der Zukunft nicht ohne Sünde; er musste sicher noch oft zurechtgewiesen werden, aber er blieb dennoch Sohn, verließ nicht mehr das Vaterhaus, verlor auch nicht mehr die Sohnschaft, so wie das auch auf alle gläubigen Christen zutrifft. Er musste sich jetzt den Sitten des Vaterhauses wieder anpassen, musste lernen, voranschreiten, aber er wurde bei Niederlagen in diesem Bemühen nicht wieder zu den Schweinen zurückgeschickt! Er wusste: "Ich bin nach Hause gekommen; ich führe jetzt meinen Kampf der Heiligung, aber als Sohn, nicht als einer, der immer wieder rein- und rausfliegt".

Er musste sich nicht immer wieder bestätigen lassen, dass er Sohn war, er trug die Zeichen der Sohnschaft. Dennoch weiß er, dass er bis zum letzten Tag seines Lebens die Gnade des Vaters, die Vergebung der Sünden in Jesus Christus braucht! Aber gab es da nicht noch einen zweiten Sohn?

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Erstellungsdatum: 09.01.2008 ♦ DruckversionDownloadsLinks auf andere InternetseitenDatenschutzerklärungInhaltKontaktImpressum
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